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Dieter +
Marlies Buck
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Karl Stankiewitz:
Wie der Zirkus in die Berge kam
Die Alpen zwischen Idylle und Rummelplatz
Die Bergregionen sind beliebtes Ferienziel und leiden darunter immer mehr. Das neue Buch „Wie der Zirkus in die Berge kam“ dokumentiert die systematische Ausbeutung von Europas zentralem Gebirge durch den Massentourismus seit den fünfziger Jahren.
Stankiewitz, Altmeister des Alpinjournalismus und Buchautor, lässt einen mit seinem neuen Buch schaudern. Wenn man die Entwicklung der Alpen über die Jahrzehnte mit verfolgt hat, fällt es einem gar nicht so deutlich auf, was sich im Laufe der letzten 50 Jahre so alles getan hat. Der Autor hat penibel anhand von zahlreichen beispielhaften Entwicklungen aufgezeigt, was alles passiert ist. Das geht von der Erschließung, insbesondere für den Wintersport mitsamt den Begleiterscheinungen Bergbahnen und Schneekanonen, über die Verkehrsentwicklung, Retortensiedlungen in großer Höhe bis hin zu Zukunftsausblicken. Er beschreibt die Entwicklung der Alpen vom unberührten Gelände, der wilden Natur mit Almen und Bergwäldern zu den heutigen Berglandschaften, in denen auf den Almen gelegentlich das Gras fehlt und in den Wäldern der Bergwald krankt.
Die Alpen: Thema Nr. 1 für Karl Stankiewitz
Mehr als 40 Jahre waren die Reportagen des bekannten Sachbuchautors in der Süddeutsche Zeitung, in Spiegel und Stern zu lesen. Unterhaltsam, phantasie- und kenntnisreich, man nahm sie gerne zur Hand. Ob man das mit seiner jetzt vorgelegten Dokumentation auch macht, bleibt die Frage. Schön ist es nicht, was er beschreibt. Aber wichtig, gut recherchiert und anregend zum Gegensteuern –so überhaupt noch möglich. Was aber schade ist: Man hat den Eindruck, dass die alten Artikel – der Spannungsbogen reicht von 1953 bis zur Jahrhundertwende -ziemlich unbearbeitet übernommen wurden. Das gibt zwar einen guten Eindruck von der damaligen Stimmung, aber die eine oder andere Erklärung oder ein Hinweis auf die aktuelle Situation wäre vielleicht doch ganz gut gewesen – auch um zu sehen, was man vermutet, nämlich dass sich nichts gebessert hat.
Fortschreitende Eventisierung: von der ersten Erschließung zu den Menschenmassen im Gebirge
Wie wurden die Alpen zum Party-Hochburg für passionierte Wanderer, Kletterer und Skifreaks? Stankiewitz beschreibt in seinem Rückblick die Entwicklung die Erschließung durch die Römer bis hin zum alpinen Massentourismus. Ende des 19. Jahrhunderts setzt der Fremdenverkehr der besseren Kreise ein, wobei auch die Industrialisierung und die Entwicklung der Eisenbahn mit beteiligt sind. Hier gab es auch einen Wettstreit zwischen der Schweiz und Österreich.
Der Massentourismus begann nach dem Zweiten Weltkrieg auf. Die Menschen flüchteten aus den zerbombten und unwirtlichen Städten in die Alpenidylle. Heimatfilme zweifelhafter Qualität taten ein Übriges. Dazu kamen Berichte über die Besteigung von Achttausendern – Stichwort Nangaparbaisierung - oder der Bau der Brennerautobahn – Nachfolger des Baus der Stauwerke von Kaprun, die einige Zeit vorher schon einen Mythos begründeten.
Alpentourismus: Wirtschaftsfaktor Nummer eins
Schweiz, Österreich und Südtirol sind vorne mit dabei, wenn es darum geht, die Alpen massiv zu erschließen – wem die Siegerkrone in diesem unsäglichen Wettstreit um den Ausverkauf der Berge zusteht, soll hier nicht entschieden werden, obwohl der Autor seinen „Favoriten“ in diesem Wettkampf schon hat. Alpiner Tourismus gehört schließlich zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren – allerdings kann man es der Bergbevölkerung nicht verdenken, dass auch sie Anschluss an den Reichtum und die Einkommensentwicklung der wirtschaftlich stärkeren Regionen suchte. So wurde im Laufe der Jahrzehnte fast jedes Tal mit einem Netz von Seilbahnen und Liften überzogen. Wanderer waren schon immer stark in den Alpen vertreten, jetzt folgte noch der Siegeszug des Wintersports. Später wurden die Gletscher als Sommerskigebiete erschlossen.
Vorsichtige Entwicklung ist angesagt
Stankiewitz beschreibt ausführlich die Entwicklung und den Run um die Gunst von Sommer- und Wintertouristen. Dass es dabei zu schlimmen Entwicklungen kam, wie man an den Beispielen Ischgl und Saalbach-Hinterglemm sieht, war wohl unvermeidlich. Dazu kommen die Investoren der Wasserkraftindustrie, die auch nicht gerade für Rücksichtnahme bekannt sind.
Seit den siebziger Jahren: Umwelt- und Naturschützer aktiv
Dass die Umwelt- und Naturschützer als Sand im Getriebe der Firmen unbeliebt sind, ist klar. Sie sind seit den siebziger Jahren aktiv, beispielsweise mit Ideen für Nationalparks. Auch die Entwicklung zum sanften Tourismus setzte ein, zögerlich zwar, aber das zarte Pflänzlein kann ja noch wachsen. Aber: Die Zeit ist knapp, und was einmal zerstört ist, ist wohl für immer zerstört.
Auch deshalb ist ein solches Buch nötig! Es ist für alle, die die Alpen nicht nur als Sportgerät verstehen, ein Muss.
Der Autor:
Karl Stankiewitz startete seine journalistische Karriere bei der Süddeutschen Zeitung. Später arbeitete der passionierte Bergsteiger und Alpenkenner u.a. für den Spiegel und den Stern. Er war mehr als 40 Jahre lang als Reise- und Alpinjournalist unterwegs und veröffentlichte zahlreiche Bücher über Bayern und den Alpenraum. Der Autor dieser Zeilen erinnert sich gern an viele, packend geschriebene Geschichten aus Stankiewitz Feder.
Dieter Buck
Karl Stankiewitz: Wie der Zirkus in die Berge kam. Die Alpen zwischen Idylle und Rummelplatz. 304 S., s/w-Fotos. oekom verlag, München, 2012. ISBN 978-3-86581-310-7. 22,95 €.
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