Montag, 4. Juni 2012

Daniel Anker: Finsteraarhorn


Daniel Anker:
Finsteraarhorn
Die einsame Spitze





Das Finsteraarhorn (4274 m) drängt sich nicht in den Vordergrund wie Jungfrau und Wetterhorn, lässt sich nicht durchbohren wie Eiger und Mönch. Etwas zurückgezogen lebt der höchste Berner, abseits von Bahnen und Liften. Abgelegen und trotzdem von fast überall sichtbar – von der Bundesterrasse in Bern und von der Cima della Trosa oberhalb Locarno ebenso wie von den Anhöhen ob Chur und von Zürichs Villenquartier am Zürichberg.


In der Reihe seiner Bergmonographien – ein äußerst lohnenswertes Projekt, dem man nur wünschen kann, dass auch einmal außerschweizerische Berge mit einem solchen Buch gewürdigt werden – legt der AS-Verlag jetzt den Band über das 4273 Meter hohe Finsteraarhorn vor. Schon 1906 schrieb Carl Täuber in „Die Berner Hochalpen“: Das Finsteraarhorn würde sich zu einer Monographie vollkommen eignen, und als höchste, markanteste und bizarrste Erscheinung im Berner Oberlande wäre es ihrer durchaus würdig.“


Es hat zwar etwas gedauert seit damals, aber jetzt ist es soweit. Anlass war der Jahrestag der Erstbesteigung am 12. August 2012. Wie ein Bug schießt das zwischen Schloss Chillon und Grimsel-Hospiz gelegene Finsteraarhorn in den Himmel, mal wuchtig, mal versteckt, aber immer unübersehbar. Die mutmaßlichen Erstbesteiger des so abweisend aussehenden Berges waren zwei Walliser Gamsjäger und ein Knecht des Grimsel-Hospizes, die es über eine unglaublich schwierige Route erstiegen.


Illustriert mit vielen historischen Bildern und aktuellen Fotos zeigt das von verschiedenen Autoren geschriebene Buch, dass auch Berge eine Geschichte haben, die zu erzählen lohnt. Porträtiert werden erfolgreiche und erfolglose Alpinisten an dem Berg, es wird von Hotels, realen und nie gebauten erzählt, es wird eine moderne Eiskletterei erzählt und verraten, wo man die Biwakhöhlen und die Kaffeetassen der Pioniere gefunden hat. Auch von Lucy Walker, der ersten Frau auf dem Finsteraarhorn wird geschrieben.


Die Bergmonographie zeigt den Berg aus nächster Nähe: Die Geschichte der Erstbegehung ist ein eigentlicher Alpenkrimi, und am Fusse des Finsteraarhorns, im „Hôtel des Neuchâtelois“, wurde einst ein wichtiges Kapitel der Alpenforschung geschrieben. Auch die Künstler hat die einsame Spitze nicht unberührt gelassen, und noch weniger die Alpinisten, denen der Berg immer eine Herausforderung war – und noch heute ist. Erstmals ist in der AS-Bergmonographie der Bericht der Engländerin Gertrude Bell über die dramatische Nordostwandbegehung in deutscher Übersetzung zu lesen.


Der Autor Daniel Anker, geboren 1954, ist Historiker, freier Journalist und Autor von Bergbüchern und alpinen Führern. Im AS Verlag hat er von 1996 bis 2003 sieben Bergmonografien herausgegeben; die Reihe wird fortgesetzt. Außerdem ist er Verfasser mehrerer Skitouren-, Wander- und Radführer für die Gebiete Berner Oberland, Wallis, Tessin, Graubünden, Ost- und Zentralschweiz sowie Genfer See, Côte d’Azur und Kalifornien. In den Literaturwanderführern des Rotpunktverlages zum Tessin, Bernbiet und Graubünden schrieb er je ein Kapitel. Mitarbeit für in- und ausländische Zeitungen und Zeitschriften, wie zum Beispiel für „Die Alpen" des Schweizer Alpen-Clubs. Daniel Anker lebt in Bern.


Daniel Anker: Finsteraarhorn. Die einsame Spitze. 128 S., 140 Abb., vierfarbig, 17 x 24 cm. Pappband mit Schutzumschlag. AS Verlag, Zürich. 26,80 €, 45 CHF.

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