„Sinnliche Streifzüge durch Landschaften, Kulturräume und Küchen“ lautet die Kurzerklärung des Inhaltes dieses Buches vom Verlag. Sinnlich ist ohnehin der passende Begriff für das schmale Büchlein, das den Freund schöner Bücher überkommt, wenn er das Werk in den Händen hält.
Es ist ein Reisebuch. Aber keines mit irgendwelchen
Anleitungen, was denn alles zu besichtigen sein, wann jenes erbaut und etwas
anderes umgebaut wurde. Nein, ein Reisebuch, das man mitnimmt und in der Muße,
die man abends oder zwischen den verschiedenen Verpflichtungen eines Reisenden hoffentlich
hat, zur Hand nimmt. Eigentlich nichts besonderes, aber trotzdem heute eher
selten: Fest gebunden, zurückhaltend, aber vornehm gestaltet, auf feinem Papier
ein haptischer und visueller Genuss. Ein Buch, das man gerne in die Hand nimmt.
Auch wenn das alleine natürlich nicht der einzige Sinn und Zweck von Literatur ist.
Reisen also ist das Thema des Werkes. Reisen durch Italien und Österreich.
Das kann natürlich nur ein kurzer Auszug aus dem Leben und den Erinnerungen von
jemand sein, der in diesen beiden Ländern unterwegs war. Aufmerksam unterwegs
war. Im österreichischen Teil des Buches zum Beispiel entlang der Donau.
Was sieht und riecht ein großer, lebensweiser, mehrfach preisgekrönter
Europäer, wenn er durch Europa reist? Einer, der in seiner Person viele
Kulturen vereint und den der Krieg staatenlos gemacht hat … Welche Bilder
entstehen in seinem Kopf, wenn er den Duft von Aprikosen atmet – oder den von
Zimt, Kaffee, Vanille … wenn er in Rom vor den Trümmern der Antike steht, vor
dem verschmitzt lächelnden heiligen Prokulus in Naturns, vor den sanft gewellten
Weinbergen von Melk und Krems, wenn er in die weltbeste Salami aus dem
umbrischen Norcia beißt oder in Wien auf den Künstler Spoerri trifft …?
Der preisverwöhnte Autor Bora Cosic pflegt eine feine Sprache, zurückhaltend,
geschliffen, nicht reißerisch, auch nicht im Stakkatostil, sondern, mir fällt
gerade kein anderer Begriff ein, gepflegt. Der Text fließt so dahin, fliegt fast
dahin, dass man gar nicht merkt, wenn der Autor in seinen Gedankengängen das
Sujet wechselt. Dafür ist sicher nicht zuletzt der Übersetzerin zu danken, die
die Gedanken des Autors ja ins Deutsche gießen musste. Er lässt uns teilhaben
an seinem inspirierenden Gedankenstrom, an den überraschenden Assoziationen,
die ihn auf seinen Reisen nach Italien und entlang der Donau bewegen – und die
sich schließlich zu einem wundersamen Bild Mitteleuropas fügen.
Zum Autor:
Bora Ćosić, geboren
1932 in Zagreb, lebt seit 1992 in Rovinj/Istrien und Berlin. Studium der
Philosophie in Belgrad, Übersetzer von Chlebnikow und Majakowski ins
Serbokroatische. Sein Werk zeigt Einflüsse der Psychoanalyse. Ćosić galt als
Vertreter der Belgrader Avantgarde. Zahlreiche Preise, u. a. Leipziger
Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2002. Wichtigste Buchpublikationen in
deutscher Übersetzung: „Wie unsere Klaviere repariert wurden“ (1968), „Die Rolle
meiner Familie in der Weltrevolution“ (1994), „Die Zollerklärung“ (2001), „Das
Land Null“ (2004), „Die Reise nach Alaska „(2007). „Irenas Zimmer“ (Gedichte,
2005).
Foto: (c) privat
Foto: (c) privat
Bora Ćosić: Immer sind wir
überall. Reisen in Italien und Österreich. Deutsche Originalausgabe. Aus dem
Serbischen von Katharina Wolf-Grießhaber. TransferBibliothek CXLIII. 128 Seiten,
Format 13,5 x 21 cm. Folio Verlag, 2019. ISBN 978-3-85256-781-5. € [D/A/I] 20,–
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