Donnerstag, 15. Oktober 2015

David Weigend: 111 GRÜNDE, BADEN ZU LIEBEN

David Weigend: 
111 GRÜNDE, BADEN ZU LIEBEN



111 Gründe soll es geben, Baden zu lieben? Da stutzt man als Schwabe zuerst mal ganz gewaltig. Schreiben doch Autor und Verlag auch noch als einen Grund in der Buchwerbung: „Weil wir Badener sind und keine Schwaben“. Das ist hart. Aber nach der Lektüre der 111 Gründe in dem 230-Seiten-Buch ist man davon überzeugt. Und das nicht nur weil die badischen Mädle die hübschesten sein sollen - und das sogar ohne Bollenhut!.

Aber langsam, der Reihe nach: Highlights, Standards, Entdeckungen: Warum ganz  Deutschland nach Baden ziehen will. Badische Befindlichkeiten und alemannische Identität: Was uns so speziell macht. Das sind so die Themen mit der sich der Autor beschäftigt.
Badener sind oft bescheiden. Es liegt ihnen fern, mit den Vorzügen ihrer Heimat zu prahlen. Das sollen ruhig die »Neigschmeckte« machen. Nein, der Badener lebt als stiller Genießer in seinem Schatzkästlein der Republik. Wer wissen will, warum die Einheimischen ihre Region wirklich mögen, dem sei dieses Buch empfohlen.

Baden zu lieben ist leicht…
schreiben Autor und Verlag. Nach einer Flasche Grauburgunder hat der Einheimische die ersten 100 Gründe notiert. Nach der zweiten Flasche fällt einem noch mehr ein: Gerüche, die man im Markgräflerland geschnuppert haben muss; Hochweiden, auf denen man im Schwarzwald gefaulenzt haben sollte; Badeseen, die die Ortenau so erfrischend machen. Viele badische Vorzüge sind offensichtlich – muss man sie überhaupt anpreisen? Nun, es wurde mittlerweile Zeit, eine Liebeserklärung zu verfassen.

Denn die Hingezogenheit zu Baden beinhaltet weit mehr als Jogi Löw, Europa-Park und Tannenzäpfle. Diese Region, seit jeher von Liberalität und unabhängigem Denken geprägt, ist Ausdruck gelebter Vielfalt. Das schmeckt man in der Küche, das sieht man in der Landschaft, das fühlt man beim Brauchtum, das hört man im Dialekt. Der Leser dieses Buches wird vielleicht feststellen, dass er Baden noch viel mehr liebt, als er vorher dachte.

Badische Lektüre sozusagen, von der Sonne verwöhnt wie der badische Wein
Sie ist eine kleine Landeskunde abseits der Reisebusparkplätze, eine Liebeserklärung an Villinger Jazzer, an Leberle sauer und Christian Streich. Weigend beschreibt Visiten im Damenbad, bei Sterneköchen und Gebetsmännern. Spurensuche bei Hausbesetzern, Nai­Sagern und Hütten-Philosophen. Und die Feststellung, dass Baden ohne seine Esoterikfreaks, Öko-Rebellen und vogelwilden Fahrradfahrer doch etwas fehlen würde.

Das Werk bringt dem Leser die badische Kultur näher und bildet Land und Leute authentisch ab, so dass es sich als Reisebuch für Besucher zum Vor- und Nachbereiten einer Reise bestens eignet.

Einige der 111 Gründe:
Schon alleine die Überschriften der Gründe machen Lust auf Baden, deshalb zählt der Autor hier einige auf:

Weil Hemingway in der Elz Forellen fing. Weil wir nicht mehr unabhängig sind, uns aber immer noch so fühlen. Weil bei uns der gewiefteste Kunstfälscher Europas zu Werke ging. Weil … nai hämmer gsait! Weil Christian Streich auch nur ein Mensch ist. Weil Moosmann in Rickenbach für Action sorgte. Weil wir so unterschiedlich sprechen, dass wir uns selbst kaum verstehen. Weil wir einen Dschungel haben. Weil wir Cego spielen. Weil wir Stoiker sind. Weil wir die Republik von Offenburg aus mit »Heftle« versorgen. Weil Gina Wildkatze das Freiburger Nachtleben bereicherte. Weil der Barbarastollen das Gedächtnis Deutschlands ist. Weil wir mehr mit der NSA zu tun haben, als mancher vermutet. Weil unsere Mädchen auch ohne Bollenhüte die hübschesten sind (habe ich ja schon erwähnt...). Weil Badens Grenze Definitionssache ist. Weil es bei uns echte Spargelbarone gibt. Weil es sich in Todtnauberg philosophieren lässt. Weil die großen Jazzer nach Villingen kamen. Weil der »Titan« ein Karlsruher ist. Weil hier das Teletubbyland liegt. Weil bei uns die erste Station auf dem Weg zum Himmel liegt. Weil wir die Wutachschlucht haben. Weil unsere Fasnacht so wild ist.

Und um das Lustmachen auf Baden und diesen Führer auf die Spitze zu treiben, hier eine Leseprobe:
„Dass Baden eine heterogene Region ist, zeigt sich auch an der Sprache. Nehmen wir zum Beispiel die Orte Ihringen und Bad Säckingen, über Luftlinie gerade mal 58 Kilometer voneinander entfernt. Die Ihringerin sagt: »Unser Hüüs hätt ä alde Kaller mit Fasser voll Wii. Es isch finschter wee die Nacht. Scho als Kind het’s mer nix üssgmacht. Ich bin oft mit minem Broader zum Versteckspiele da unde gsi. Aber bi schönem Watter sin mer lieber lang drussa aufm Fald gbliebe.« Die Säckingerin sagt: »Oise Huus het en alde Chella mit Fässer für Wii. Er isch finschter wie’d Nacht. Scho als Chind hätt mir des nüt ussgmacht. I bin mengmol mit mim Bruader zum Suachispiel do unte gsi. Be schönem Wetter sin ma liaba lang dussebliebe offem Feld.« Das liest sich doch ganz anders, oder? »Dialekt kann man nicht ausstopfen und ins Museum stellen«, sagt die Freiburger Sprachwissenschaftlerin Renate Schrambke. Jedoch kann man in Baden noch vielerorts Menschen antreffen, die unverwässerten Dialekt sprechen und ihrer Heimat somit eine Identität geben. Denn grad im Alemannische schwätzt jeder sini eigeni Sproch.“

Zum Autor:
DAVID WEIGEND, geboren 1978 in Freiburg, ist Online-Redakteur bei der Badischen Zeitung. Als Achtjähriger besuchte er sein erstes SC-Heimspiel, später lernte er den Ausblick vom Belchen zu schätzen. Nach der Ausbildung in der Deutschen Journalistenschule in München schrieb er für die Süddeutsche Zeitung, bevor er 2006 ins Badische zurückkehrte. Weigend ist verheiratet und Vater von Zwillingen.

David Weigend: 111 GRÜNDE, BADEN ZU LIEBEN. Eine Liebeserklärung an die schönste Region der Welt. 232 Seiten. Taschenbuch. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. ISBN 978-3-86265-520-5. 9,99 €.
Sie können das Buch im Buchhandel oder hier kaufen.


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