Heinrich Aukenthaler (Hrsg.), diverse Autoren:
Der Wolf im Visier
Konflikte und Lösungsansätze
Im Fokus: Der Wolf in den Alpen
Kaum ein Tier wühlte in den letzten Jahren die Menschen, vor allem im Alpenraum, derart auf wie die Rückkehr des Wolfes. Von begeisterter Begrüßung bis zu totaler Ablehnung reicht hierbei der Stimmungsbogen.
Und a propos Stimmung: Die ist aufgeheizt. Die Argumente fliegen hin und her, die Extrempositionen sind weit auseinander, und der nicht direkt Betroffene steht ratlos dabei und hört sich die verschiedenen Meinungen an. Was stimmt und was nicht, was reine Hetze, was Gutmenschentum, was sachliche Argumentation ist, kann man als Laie oft kaum auseinanderhalten.
Da ist es ein mehr als löbliches Unterfangen des Athesia Verlages, eine große Anzahl von Fachleuten um ihre Meinung und eine Darstellung der Wolfsproblematik aus ihrer Sicht zu schreiben. Ob Otto Normalnaturfreund hinterher in der Lage ist, sich ein eigenes Bild zu machen, ob dem einen die Begeisterung und dem anderen die Angst oder die totale Ablehnung etwas nivelliert wurde, bleibt zwar abzuwarten, aber interessant und versachlichend ist die Diskussion allemal. Es bleibt zu wünschen und zu Hoffen, dass das Buch von vielen, die eine Meinung, egal nun welche, über die Rückkehr des Wolfes haben, gelesen wird.
Der Wolf in der Gesellschaft
Über Jahrhunderte waren Wölfe Realität, bis es – aus damaliger Sicht endlich – gelang, sie auszurotten. Heute, nach ihrer wohl definitiven Wiederkehr, werden die Grauröcke differenzierter gesehen. Ein guter Teil der Bevölkerung begrüßt die faszinierende Wildart. Landbevölkerung und Viehzüchter, die meist direkt vom Vorkommen des Wolfes betroffen sind, stehen der fortschreitenden Ausbreitung des Wolfes im Alpenbogen dagegen kritisch gegenüber. Zwischen entschlossener Ablehnung und gefeierter Rückkehr teilen sich die Meinungen.
Der Wolf – Fragen und Antworten
Dieses Buch soll Antworten auf brennende Fragen zum Wolf geben. Die Fragen stellt eine Gruppe von Fachleuten, wobei auch die betroffenen Nutzergruppen, z.B. aus der Landwirtschaft, zu Wort kommen. Die Antworten geben ausgewählte Expertinnen und Experten, einfach und verständlich, und beinhalten die aktuellsten Informationen zum Thema Wolf im Alpenraum.
Die Themen reichen von „Wölfe einst und jetzt“ über
„Biologie und Verhalten“ bis „Management und Recht“ und „Der Wolf zwischen
Faszination und Angst“.
Das Buch eignet sich sowohl zum Nachschlagen als auch zum gründlichen Lesen.
Möglichst ohne zu werten sollen unterschiedliche Sichtweisen wiedergegeben und
das Wissen über die Wölfe im Alpenraum vermehrt werden.
Fazit: Ein mehr als nötiges Buch. Möge es bei den Betroffenen, den Meinungsmachern und den Meinenden jeglicher Meinung eine reiche Verbreitung finden.
Zum Geleit, eine Einführung von Heinrich Aukenthaler *)
Wölfe ziehen wieder in vielen Ländern ihre Fährte. Gerade
sind sie dabei, den Alpenraum neu zu erobern. Ein Wandel in der Einstellung zu
diesem Raubtier, gefolgt von besserem gesetzlichem Schutz, hat die Ausbreitung
zugelassen, ausgehend von den verbliebenen Restvorkommen in Europa. Wölfe
erobern geeigneten Lebensraum rascher als Luchs und Braunbär, die anderen
Großraubtiere. Schon bald tauchten Wölfe in Gebieten auf, die schon lange
wolfsfrei waren. Zunächst waren es junge männliche Wölfe, die aus ihrem
elterlichen Territorium abwanderten, wie es des Wolfes Sitte ist.
Viele Menschen freuen sich über die Rückkehr des Wolfs, in Zeiten des
allgemeinen Artenverlustes. Für sie ist die Wiederkehr des einst Verfemten eine
Erfolgsgeschichte. Doch es zeigte sich rasch: Der Wolf frisst Beute, die für
ihn leicht zu fangen und zu töten ist – vor allem Schafe, auch Ziegen, Ponys
und Kälber werden vom Wolf gerissen. Das führt zu einer heftigen Ablehnung des
Wolfs bei den betroffenen Tierhaltern. Sie haben eine Bindung an ihre Tiere,
tragen den wirtschaftlichen Schaden und sorgen sich um die Sicherheit ihrer
Kinder. Die tiefe Kluft in der Einstellung zum Wolf spaltet die Menschen in
Stadt und Land in Europa, wie Studien zeigen.
Das Interesse am Wolf ist jedenfalls groß, bei Betroffenen wie bei
Wolfsfreunden. Fragen über den richtigen Umgang mit dem Wolf, über Herdenschutz
oder Sicherheit, die Möglichkeit einer Koexistenz stehen im Raum. Auf viele
Fragen gibt es keine einfache Antwort. Dieses Buch widmet sich dem Problemkreis
„Wolf“ mit rund 90 Fragen, zu deren Beantwortung Fachleute der Wildbiologie und
des Wildtiermanagements gebeten wurden, aus Italien, Österreich, Deutschland,
der Schweiz und Norwegen. Zu Wort kommen auch Weidetierhalter, Jäger, Tierärzte
und Rechtsexperten. Wenn sich am Ende der Lektüre das Bild zum Wolf rundet,
dann ist ein Ziel dieses Buches erreicht: ein möglichst umfassendes Bild vom
Wolf im Alpenraum und darüber hinaus zu vermitteln.
*) Entnommen aus dem Buch, Quelle: https://www.athesia-tappeiner.com/de/9788868395698
Hier ein Link zum Interview zum Thema:
https://www.athesia-tappeiner.com/sites/default/files/download-produkte/wolf_dolomiten.pdf
Zu den Autoren:
Heinrich Aukenthaler, Jahrgang 1952, ist im Südtiroler Wipptal geboren und dort wohnhaft. Beruflich war er zunächst Oberschullehrer, dann von 1982 bis 2019 Direktor des Südtiroler Jagdverbandes. Gelegentliche publizistische Tätigkeit, unter anderem Mitarbeit beim Fachbuch Wild-Wissen; Hobbyornithologe und vielseitige Interessenfelder.
Luigi Boitani ist Honorarprofessor für Naturschutzbiologie an der Universität La Sapienza Rom. Er ist Gründer und Präsident des Instituts für angewandte Ökologie in Rom und Vorstandsvorsitzender der Fondation Segré in Genf. Außerdem ist er Vorsitzender der IUCN Large Carnivore Initiative for Europe und Mitglied des Wissenschaftlichen Ausschusses des MUSE in Trient. Er befasst sich mit der Sozialökologie von Großraubtieren, insbesondere des Wolfes; Autor von über 400 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und von zehn Büchern. Im Jahr 2012 erhielt er den IUCN/SSC Peter Scott Award for Conservation Merit.
Alessandro (Sandro) Brugnoli, der an der Universität Florenz Forst-
und Naturwissenschaften
studiert hat, ist seit dem Jahr 2000 als Wildlife Manager für die Associazione
Cacciatori Trentini tätig, nachdem er zuvor im Faunadienst der Autonomen
Provinz Trient gearbeitet hat. Seit 2012 verfolgt er die Rückkehr des Wolfes im
Trentino und versucht sie zu dokumentieren. Sein Hauptinteresse gilt dem
Einfluss des Raubtiers auf die Demografie der verschiedenen Huftiere in der
Region, um das entsprechende Management an die neuen faunistischen
Gegebenheiten anzupassen.
Armin Deutz, Amtstierarzt in Murau, Wildbiologe, Lehrbeauftragter für Zoonosen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Veterinärwesen, Jagd, Fütterung, Tierschutz, Milch, Wildbret sowie Rissbegutachter für große Beutegreifer und Hegemeister im Heimatbezirk Murau.
Matthias Gauly hat Agrarwissenschaften und Veterinärmedizin studiert. Er ist seit 2014 an der Freien Universität Bozen tätig. Dort gehört die Berglandwirtschaft zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Im Detail befasst er sich mit den Effekten der Tierhaltungssysteme auf Umwelt, Tiergesundheit und wirtschaftlichen Erfolg. Er ist Mitglied vieler nationaler und internationaler Gremien. Unter anderem war er von 2016 bis 2020 Präsident der Europäischen Vereinigung für Nutztierwissenschaften. Helmuth Gufler, Studium der Veterinärmedizin in Wien mit Doktorat am Forschungsinstitut für Wildtierkunde; seit 2002 Amtstierarzt im Ultental und ab 2007 im Passeiertal; anerkannter Fachtierarzt für das Gesundheitsmanagement kleiner Wiederkäuer und selbst begeisterter Ziegenzüchter.
Klaus Hackländer studierte Zoologie und Naturschutz an der Philipps-Universität Marburg/Lahn und wurde an der Universität Wien promoviert. Nach seinem Engagement am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien erhielt er den Ruf auf die Professur für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien. Mit dem Wolf beschäftigt er sich wissenschaftlich seit 2005. Seine Expertise bringt er in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien ein, zum Beispiel in der EU Platform on Coexistence between People and Large Carnivores. Er gilt für Politik, Gesellschaft und Medien als versierter Wolfsexperte, der Sachlichkeit in die emotionale Debatte bringt.
Sven Herzog ist studierter Arzt und Forstwissenschaftler. In den vergangenen Jahrzehnten hat er sich als Universitätsprofessor, Moderator und Publizist weltweit intensiv mit der Erhaltung großer Prädatoren (insbesondere Tiger, Wildhunde und Wolf) beschäftigt. Zusammen mit Professor Henryk Okarma veröffentlichte er 2019 ein umfangreiches Standardwerk zum Wolf. Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt umfasst das Management von Großprädatoren in Kulturlandschaften.
Leo Hilpold kümmert sich seit 2000 um den Umwelt- und den
angewandten Naturschutz bei Projektvorhaben in der Südtiroler Landesverwaltung.
Als Pflanzenphysiologe und Ornithologe ist es
ihm ein Herzensanliegen, den ökologischen Wert eines vielfältig strukturierten
Lebensraumes zu vermitteln.
Alberich Hofer, Obmann des Südtiroler Rinderzuchtverbandes, Mitglied des Landesbauernrates, zuständig für die Berglandwirtschaft, wohnhaft in Pfelders, Bergbauer, Inhaber einer Hofschänke, Pferdezüchter, hält auf dem Hof neben Rindern auch Ziegen, bietet Urlaub auf dem Bauernhof an.
John D. C. Linnell ist Professor an der Inland Norway University of Applied Sciences und leitender Forscher am Norwegian Institute for Nature Research. Er erforscht seit mehr als 25 Jahren die Wechselwirkungen zwischen Großraubtieren und Menschen und leistet einen Beitrag zur Managementpolitik für Großraubtiere auf nationaler und europäischer Ebene.
Daniel Mettler ist Leiter der Gruppe „Ländliche Entwicklung“ bei der AGRIDEA, Landwirtschaftliche Beratungszentrale der Schweiz. Er hat die Fachstelle Herdenschutz aufgebaut und ist Experte im Bereich Alpwirtschaft und Landwirtschaft im Berggebiet. Der Alpenraum mit seiner großen Vielfalt fasziniert ihn seit über 30 Jahren beruflich und privat. Er ist verheiratet, hat vier Töchter und ist oft und gerne in den Alpen unterwegs.
Christine Miller, Biologin, beschäftigt sich seit ihrem Studium mit
Fragen zu Wildtieren. Sie begründete in Bayern das WWF-Projektbüro Große
Beutegreifer und betreute an der Universität für Bodenkultur Wien ein
Forschungsprojekt, das die Auswirkungen von großen Beutegreifern auf
Schalenwild, Jagd und Forstwirtschaft untersuchte. Als Sachverständige für
Jagd, Wildtiere und Naturschutz leitet sie Büros für Wildbiologie in Österreich
und in Bayern.
Markus Moling ist Professor für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a. Umwelt-, Wildtier- und Jagdethik.
Roland Norer ist Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht und Recht des ländlichen Raums an der Universität Luzern (Schweiz). Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Agrar-, Ernährungs- Raumplanungs- und Umweltrecht. Er hat sich in mehreren Publikationen, Gutachten und Vorträgen vertieft mit Rechtsfragen zum Thema Wolf auseinandergesetzt.
Walter Obwexer ist Universitätsprofessor für Europarecht und Völkerrecht sowie Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Innsbruck. Er ist Mitglied des Vorstandes von ECSA-Austria, Mitglied des „EU-Beirates“ der Österreichischen Bundesregierung sowie wissenschaftlicher Berater in EU-Fragen für mehrere Bundesministerien und Landesregierungen, darunter jene von Tirol und Südtirol.
Franco Perco aus Triest. Der promovierte Jurist wandte sich in einem Zweitstudium den Naturwissenschaften zu und wurde zum renommiertesten Wildbiologen Italiens. Er befasste sich mit Italiens Schutzgebieten, mit der Erhaltung der Wildtiere, insbesondere mit der Wiedereinbürgerung des Schalenwildes und allgemein mit Wildbewirtschaftungsfragen, auch mit der Rolle einer zukunftsfähigen Jagd. Perco veröffentlichte einige Fachbücher und wurde in führende Positionen faunistischer Gremien berufen. Er arbeitete unter anderem in verschiedenen Nationalparks als Projektleiter und war sechs Jahre lang Direktor des Nationalparks Monti Sibellini. Thematiken des Großraubwildes haben Perco zeitlebens beschäftigt und er trat für einen wissenschaftlich abgesicherten und gesellschaftlich akzeptierten Umgang mit den Prädatoren ein. Perco verstarb im Frühjahr 2022 in Triest im Alter von 83 Jahren. In seinen letzten Arbeiten entwarf er Beiträge für dieses Buch, die leider nur als Bruchstücke vorliegen.
Hans-Dieter Pfannenstiel: 30 Jahre Lehr- und Forschungstätigkeit als Zoologe an der FU Berlin und über 50 Jahre Jagdpraxis sind beim Umgang mit dem Wolf hilfreich. In seinem Jagdrevier in Brandenburg sind Wölfe oft zu beobachtende Dauergäste, was zu vielen lehrreichen und spannenden Begegnungen führt. Die derzeit ungebremste Reproduktions- und Ausbreitungsdynamik des Wolfs wird ohne Änderung der Wolfspolitik zu unlösbaren Konflikten in der Kulturlandschaft führen.
Ulrike Pröbstl-Haider forscht und lehrt seit 2003 an der Universität für Bodenkultur Wien am Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung. Konflikte zwischen Naturschutz und Naturerlebnis gehören zu den charakteristischen Herausforderungen in diesem Themenfeld. Die Fragen zur Wiederausbreitung des Wolfes, aber auch des Bären müssen auch mit Blick auf die lokale Bevölkerung und die touristischen Angebote betrachtet werden.
Friedrich Reimoser: Veterinärmedizinische Universität Wien und Universität für Bodenkultur Wien, befasst sich vor allem mit Wildökologie, Wildtiermanagement und Naturschutz. Ein Arbeitsschwerpunkt ist die möglichst schadensfreie Integration großer Wildtiere in die Kulturlandschaft, in freier Wildbahn. Er entwickelte Raumplanungs- und Managementkonzepte.
Heinrich Aukenthaler (Hrsg.), diverse Autoren: Der Wolf im Visier. Konflikte und Lösungsansätze. Im Fokus: Der Wolf in den Alpen. 352 Seiten, Format: 135 x 210 mm, fester Einband (Hardcover). Athesia, Bozen, 2022. ISBN: 978-88-6839-569-8. 25 Euro
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