Sonntag, 22. September 2019

Barbara Rieger / Alain Barbero: Kinder der Poesie

Barbara Rieger / Alain Barbero:
Kinder der Poesie



Ein Autor, ein Dichter, ein Schriftsteller, natürlich auch eine „-in“, fällt ja nicht vom Himmel. Irgendwie macht es sich bei den Vertreter/innen der schreibenden Zunft schon in der Jugend, in der Kindheit, bemerkbar, dass sich da etwas Besonderes entwickelt.

Und so liegt es nahe, dass sich jemand einmal mit den frühen Anfängen, der Kindheit, von Autoren und Autorinnen beschäftigt. Interessant ist das Thema allemal.

18 Autoren und Autorinnen haben sich auf dieses Spiel eingelassen und zeigen sich in diesem Band von einer ungewohnten, oft überraschenden und sehr persönlichen Seite.

Zauber der Kindheit
Die Kindheit ist ein Ort, an dem alles noch offen war. Sie ist mit Nostalgie und Magie verbunden, mit Leid und Schmerz. Eine intensive und prägende Zeit, fragmentarisch, aufgeladen, trügerisch. Oft lässt sich aus den Erinnerungssplittern kaum ein Gesamtbild konstruieren. Alain Barbero gelingt es, mit seinen Fotografien vergangene Momente wiederzuerwecken, neu zu entdecken, an die Orte der Kindheit zurückzukehren.

Das 20. Jahrhundert im Spiegel der Literatur
Geboren zwischen 1924 bis 1994, in Belgrad, Wien, Altaussee und vielen anderen Orten, erzählen die Autoren und Autorinnen aus ihrer Kindheit: Friederike Mayröcker etwa von der Hand ihrer Großmutter, Josef Haslinger vom Spielsaal im Kloster, Daniel Wisser von der Unmöglichkeit zu vergeben. Umrahmt werden die Texte von Barbara Riegers einfühlsamen Porträts zu den Autoren und Autorinnen und deren Geburtsjahren. So entsteht eine eindrucksvolle Reise durch das 20. Jahrhundert.

Wenn ich „er“ sage, halte ich es fast nicht aus und denke: „Dieses Kind warst du“, „Dieses Kind sollst du gewesen sein“, und möchte noch heute meine schützende Hand über den Sechs-, Sieben- oder Achtjährigen halten.  
Norbert Gstrein

Interessant wird das Buch nicht nur durch die Gedanken von Barbara Rieger. Es enthält auch Originaltexte, zum Beispiel von Theodora Bauer, Dimitré Dinev, Milena Michiko Flašar, Barbara Frischmuth, Sabine Gruber, Norbert Gstr, Josef Haslinger, Bodo Hell, Elias Hirschl, Alfred Komarek, Barbi Marković, Friederike Mayröcker, Robert Menasse, Petra Piuk, Kathrin Röggla, Julian Schutting, Anna Weidenholzer und Daniel Wisser. Ein Flug durch viele Jahrzehnte österreichischer Literatur und Poesie also. Dazu kommen Reminiszenzen an die seinerzeitigen Jahre, das Leben, die Politik. Auch eine Art Nostalgie also.

Ein besonderes Buch
Wie es sich für ein solches Buch gehört, ist es auch ansprechend, phantasievoll, anregend gestaltet. Das beginnt beim Format, geht über Papier und Layout bis hin zu den melancholischen schwarz-weiß-Bildern. Allerdings ist dieses Buch nicht völlig bar jeglicher Farbe: einzelne Seiten sind farbig gehalten, was eine anregende Abwechslung für den Leser darstellt.

Zu Autorin und Fotograf
Barbara Rieger, geboren 1982 in Graz. Studium in Wien. Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur. Lebt und arbeitet als Autorin und Schreibpädagogin in Wien. Leiterin des Lehrgangs Schreibpädagogik. Betreibt seit 2013 gemeinsam mit Alain Barbero den trilingualen Literatur- und Fotoblog „Café Entropy“, aus dem das Buch „Melange der Poesie“ hervorging. Ihr erster Roman „Bis ans Ende, Marie“ ist im Herbst 2018 bei Kremayr & Scheriau erschienen.

Alain Barbero, geboren 1960 in Annecy, Frankreich. Lebt als freier Fotokünstler in Paris. Portraitierte zahlreiche PolitikerInnen und KünstlerInnen analog in Schwarzweiß. Heute arbeitet er in digital. Verschiedene Publikationen und Ausstellungen in Paris, Wien und Rom. Betreibt seit 2013 gemeinsam mit Barbara Rieger den trilingualen Literatur- und Fotoblog „Café Entropy“, aus dem das Buch „Melange der Poesie“ hervorging.
beide Fotos: Alain Barbero

Barbara Rieger / Alain Barbero: Kinder der Poesie. 240 Seiten, Format 24,5 x 16,5 cm, zahlreiche schwarzweiß-Fotos. Kremayr & Scheriau, 1 Auflage, 2019. ISBN: 978-3-218-01179-2. 29 
Sie erhalten das Buch im Buchhandel oder hier.

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